Schlittschuhlaufen im Park

Es war der 30. Januar, der Geburtstag unserer Herzogin Louise. Wäret ihr an diesem Abend auf der Wiese vor dem Schloss gewesen, hättet ihr den Teufel persönlich gesehen! Doch keine Sorge: Nur ich habe mich als Teufel verkleidet. Aber schön der Reihe nach.

Es war Winter und die schöne Weihnachtszeit lag schon hinter uns. Das neue Jahr war noch jung, aber die Langeweile am Hof wurde immer größer.

Der Januar drohte lang zu werden, denn alle Ideen, was man drinnen in den warmen Räumen machen konnte, waren schon erschöpft. Und die kalte Jahreszeit lockte nicht gerade ins Freie!

Da kam Goethe auf die Idee, die Wiese vor dem Schloss überfluten zu lassen, um sie in eine Eisbahn zu verwandeln. Carl August ließ sich nicht zweimal bitten und schon flossen Tausende Liter Wasser über die Wiese und gefroren zu dickem, glattem Eis.

Die Hofgesellschaft erwachte wie aus einem Dornröschenschlaf und war sogleich fasziniert: Nun zog alles, was zwei gesunde Beine hatte, Schlittschuhe an die Füße und, mehr oder weniger wackelig, seine Bahnen auf dem Eis.

Sehr zur Freude meiner Mutter! Nachdem sie bei Goethe privaten Unterricht genommen hatte, war sie vom Eis nicht mehr herunter zu bekommen. Schlittschuhlaufen wurde zu ihrer großen Leidenschaft. So fuhr sie im Winter 1778 bis zu acht Stunden täglich!

Mein Vater machte sich schon Sorgen um sie, aber sie hatte sich dabei keineswegs erkältet. Das Schlittschuhlaufen wurde bald zum Lieblingszeitvertreib des Hofes.

Herzogin Louises Geburtstagsfeier wurde auf dem Eis zu einem ganz besonderen Vergnügen. Rings um die Eisbahn wurden Fackeln aufgestellt und verwandelten sie im Nu zu einem Freilicht-Ballsaal. Eine Blaskapelle spielte fröhliche Musik und die Herren und Damen rutschten mit Masken verkleidet zu ihren Klängen auf dem Eis.

Sogar Speisen und Getränke standen, auf Kohlenpfannen gewärmt, bereit, und machten das Fest perfekt. Herzogin Louise zu Ehren gab es ein schönes Feuerwerk, danach gab sie für alle einen heißen Punsch aus.

Einige der schönsten Damen waren zu wackelig auf ihren Schlittschuhen unterwegs, nicht etwa, weil sie zu viel Punsch getrunken hätten, oh, keineswegs! Es fehlte ihnen nur an ?úbung, sodass die Herren sie an die Hand nehmen und sie hinter sich herziehen mussten.

?úberall hörte man spitze Schreie und lautes Gelächter. Doch nicht alle Damen wagten es, Schlittschuhe anzuziehen. Die, die auf das Vergnügen trotzdem nicht verzichten wollten, mummelten sich in ihren schönsten Pelz und setzten sich in ihren Zierschlitten.

Dann trat ich auf den Plan: Als Teufel verkleidet, mit Goldrausch zwischen den Hörnern, war ich wie dazu geschaffen, ihre Schlitten hin und her zu schieben.

Dabei konnte ich mich selbst schön am Schlitten festhalten und machte dadurch einen sehr guten Eindruck auf sie.

Aber etwas habe ich mir fest vorgenommen: Ich werde heimlich das Schlittschuhlaufen üben! Und wenn ich besser werde, nehme ich bei nächster Gelegenheit eine der schönen Damen selbst an die Hand und ziehe sie hinter mir her. Denn dann erst wird der Abend für mich ein voller Erfolg!