Nennt mich einfach Fritz!

Meine Brüder spotten, ich sei Mamas Lieblingssohn. Das ist zwar lästig, aber es stimmt!

Ich heiße Gottlob Friedrich Constantin von Stein und bin am 26. Oktober 1772 in Weimar geboren. Keine Sorge, ihr müsst euch nicht den ganzen Namen merken, denn alle nennen mich nur Fritz. Meine zwei Brüder heißen ebenfalls Gottlob, wie mein Vater.

Darf ich euch meine Mutter vorstellen? Sie heißt Charlotte Albertine Ernestine von Stein und ist die Tochter des Hofmarschalls von Schardt. Sie war lange Zeit Anna Amalias erste Hofdame. Jetzt ist sie die Herzdame des Dichters und Ministers Goethe - sehr zum Ärger meines Vaters.

Er, Gottlob Ernst Josias Friedrich von Stein, ist der Stallmeister des Herzogs.

Adelige tragen immer so viele Namen.

Ich kann reiten, fechten und tanzen. Goethe hat mir auch das Schwimmen beigebracht. Seit seiner Studentenzeit liebt er das Nacktbaden in kalten Gewässern.

Zur Zeit bin ich in Goethes Haus und warte auf einen Brief an meine Mutter. Charlotte von Stein und Goethe schreiben sich mehrmals täglich. Und ich mache für sie den Liebesboten.

Ist das nicht verrückt?!

Langweilig wird mir hier nie, während ich warte: ich betrachte die Bronzefiguren von denen Goethe sagt, sie sind viele hundert Jahre alt. Die stelle ich mir dann in Reih und Glied und spiele Krieg.

Wenn Goethe das wüsste! Am Ende stelle ich immer alles genauso hin, wie es zuvor stand.

Goethe ist auch der Kriegsminister hier, aber er will Krieg immer friedlich verhindern.

Seit etwa einem Jahr wohne ich hier bei Goethe. Er unterrichtet mich, erzieht mich und ich bin sein Ziehsohn.

Am besten finde ich es, wenn er mich richtig arbeiten lässt. Dann behandelt er mich, als wäre ich sein Sekretär und diktiert mir Briefe und ganze Romane. Er spricht dann schön ruhig und die Gedanken reihen sich aneinander wie die Perlen einer Perlenkette. Es ist beinahe, als würde er mir vorlesen.